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Präzise Gast-Arbeiter

Strenge Zeitpläne und enge Budgets prägen die Arbeit von Hotel-Architekten. Trotzdem entwickeln die Büros individuelle Gestaltungen, die Betreiber und Gaste zufriedenstellen. Es wäre fatal, nur einen Tag später mit dem Umbau einer Hoteletage fertig zu werden. „Ohne Wenn und Aber: Das geht einfach nicht. Da hängen Buchungen, Gäste und somit bares Geld für den Hotelier dran“, sagt Krista Biassy. Die Chefin des Erfurter Büros PAB Architekten weiß, was Termintreue bei Hotelrenovierungen bedeutet. Für die Accor-Gruppe bauen sie alle 90 „Etap“-Häuser zu „Ibis Budget“-Häusern um. In immer vier Hotels gleichzeitig schreitet die Renovierung voran, bei weiterlaufendem Betrieb.


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Etage für Etage löst ein frischeres, neues Standarddesign das alte ab. Über 50 Häuser zeigen sich mittlerweile schon im veränderten Look. Um individuelle Gestaltung gehe es hier nicht, so Blassy: „Wir sind in diesem Projekt viel- mehr Logistiker und Manager. Der reibungslose Ablauf ist am allerwichtigsten.“

Diese auf den ersten Blick eher unkreativ wirkende Arbeit sichert dem Büro eine hohe Grundauslastung und wirtschaftliche Sicherheit. Dass aber jeder Hotelumbau maximal aus 15 Prozent Gestaltung und der Hauptteil vor allem aus Managementaufgaben besteht, wenn ein Büro wie PAB alle Leistungsphasen anbietet, mussten die Architekten am Anfang lernen. Doch sie ließen sich davon nicht abschrecken, sondern machten die Aufgaben Vertrags-, Rechnungs-, Mängel-‚ Vergabe, Umzugs- und Beschaffungsmanagement zu ihren eigenen und schließlich zu ihrem Alleinstellungsmerkmal Krista Blassy: „Durch diese Bündelung und die genauen Planungen sind wir für einen potenziellen Auftraggeber besonders interessant, da er alles aus einer Hand bekommt.“ So durften sie für den französischen Hotelkonzern auch mehrere Mercure-Hotels umbauen. Ihre Feuertaufe erlebten sie dabei im wahrsten Sinne des Wortes. Bisher hatten sie nur Bauanträge für Klimaanlagen von Häusern des Konzerns geschrieben. Als dann in einem Hotel in Böblingen bei Stuttgart die Küche brannte und andere Bereiche in Mitleidenschaft gezogen wurden, sorgten sie schnell und unkompliziert für die Notrenovierung – und hinterließen damit den für die Branche passenden Eindruck: schnell, verlässlich und immer an den Gast gedacht.

Die Rundumbetreuung, die sie bis heute bei rund 60 Hotelprojekten geboten haben, fordert von den 15 festen Mitarbeitern eine hohe Flexibilität, wie Projektleiter Daniel Sie- burg erlebt: „Wir sind oft von Montag bis Freitag permanent auf der Baustelle im Einsatz. Wenn sich eine Lieferung verzögert, das Zimmer aber ab Montag wieder gebucht ist, wird halt das Wochenende durchgearbeitet.“ Und das bitte möglichst ruhig. Schließlich sollen die Gäste auf den anderen Etagen bitte gar nicht gestört werden – und wenn überhaupt, dann nur von neun bis l7 Uhr. Ins Zeitraster einer Renovierung tragen die Hoteliers zudem auch gerne komplette Baustopps ein. Findet eine Messe oder Großveranstaltung statt, müssen sämtliche Zimmer zur Verfügung stehen. Erst danach darf es mit dem Umbau weitergehen. Eine logistische Meisterleistung für das Büro, die viele Kräfte fordert.

Hoteliers zum Symposium bitten

Diese Kräfte versuchen klm Architekten aus Leipzig und Berlin bei Projekten auf mehrere Schultern zu verlagern. Sie kümmern sich seit ihrer Bürogründung 2007 um Hochbau und Innenarchitektur eines Hotels und füllen mit dieser Kombileistung nach eigenen Angaben eine Marktlücke. Olaf Koeppen, einer der drei Geschäftsführer von klm: „Wir setzen aber vor allem auf ein Netzwerk von Partnern zur Unterstützung, das aus Beratern, Marketingexperten und vielen weiteren Dienstleistern besteht.“ Die in der Kooperation ein- gespielten Firmen bieten möglichst gemeinsame Lösungen für Investoren an – von intelligenten Wegeleitsystemen im Hotel bis zum passenden Auftritt im Internet. Aus einer Art Baukasten können sie das zusammenstellen, was der jeweilige Auftraggeber benötigt. „Uns muss immer klar sein: Architektur ist nicht das Wichtigste für einen Hotelier. Sie dient ihm nur als Hülle für ein Serviceangebot“, so Koeppen.

Manchmal stoßen die l7 Mitarbeiter in Leipzig und sechs Kollegen in Berlin dabei jedoch auch an Grenzen. „Hoteliers wünschen sich immer wieder ein Angebot mit Komplett- preis. Das können wir aber gar nicht bieten, da wir ja nicht als Bauträger fungieren und so gar nicht die Lieferleistung mitverkaufen“, erklärt Koeppen. Sein Büro konzentriert sich auf die Leistungsphasen 1 bis 4. Um die kümmerten sie sich zum Beispiel bei dem privat betriebenen Münchener Hotel Demas City. In dem Gebäude, in den l960er-Jahren ursprünglich als städtisches Wohnheim konzipiert, war nach drei Jahrzehnten „alles kaputt“, wie Koeppen den Zustand beschreibt. klm entwickelte daraus per Kernsanierung und Umbau ein Designhotel. Sie konzipierten die Fassade neu, stockten den Hofbereich auf und entwarfen die Innengestaltung für Zimmer, Flure und öffentliche Bereiche. Das frische Grün des wie ein Kasten gestalteten Eingangsbereichs findet sich auch im Inneren wieder.

Um an solche Aufträge von privaten Betreibern, Unternehmensgruppen oder Ketten zu kommen, nehmen klm Architekten an Foren, Kongressen und Ausstellungen zum Thema teil. Oder sie veranstalten gleich selbst ein Symposium mit ihren Netzwerkpartnern, wie Ende Juni am Tag der Architektur unter dem Motto „Zukunft Hotel – Vision. Konzept. Erfolg.“ in Leipzig. „Über so einen Fachaustausch und dank Veröffentlichungen erreichen wir die Hoteliers sehr gut“, sagt Koeppen. Zudem erhält das Büro auch Anfragen durch die Netzwerkpartner: „Da stellt sich zum Beispiel heraus, dass nicht nur neue Fotos für eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit nötig sind, sondern erst einmal eine neue Raumgestaltung, um überhaupt schöne Bildmotive zu bekommen.“ Kreative Freiheit in den Grenzen des Budgets

An Aufträgen mangelt es auch Olaf Kitzig überhaupt nicht. „Wir sind an der Kapazitätsgrenze“, sagt der Innenarchitekt aus Lippstadt. Er reist ohnehin immer schon viel zwischen Baustellen und Besprechungen hin und her. Wenn dann mal ein Mitarbeiter wegen Krankheit ausfällt, ist er nur noch im Auto unterwegs. Dreizehn Hotelprojekte seines Büros laufen derzeit parallel. Auch sie müssen alle genau nach Zeitplan fertig werden.

Im Jahr 1998 hat der Planer Kitzig Interior Design gegründet und zunächst allein betrieben. Immer mehr Mitarbeiter kamen nach und nach hinzu. Erst vor sieben Jahren entschied er sich, sein Büro aus dem Bereich Handelsbauten zurückzuziehen und mit Hotelinnenarchitektur ein neues Feld zu erschließen. Dabei verzichtete Kitzig auf die Teilnahme an Wettbewerben und verfolgt seitdem seine eigene Strategie: „Wir suchen uns immer Kunden, für die wir Spaß hätten zu arbeiten. Die gehen wir dann gezielt per Akquise-Anruf an und bitten um eine Stunde Zeit für unsere Präsentation.“ Das überzeugte – auch ohne Arbeitsproben in diesem Bereich. Schnell wurde nun die Renovierung von 160 Zimmern und der öffentlichen Bereiche des Mercure Messe Stuttgart die erste Referenz.

Verschiedene Ketten und zahlreiche private Betreiber gehören heute zu den regelmäßigen Auftraggebern. Vergangenes Jahr realisierte Kitzig Interior Design so unter anderem die Innengestaltung von 33 Zimmern und deren Zugängen in einem Anbau des „Best Western“-Parkhote|s Westfalenhalle in Dortmund. Hier stand die Multifunktionalität der Möbel für das Arbeiten und Entspannen im Vordergrund. Und im Räter Park Hotel in München renovierten sie 60 Zimmer sowie Bäder der gehobenen Kategorie und kombinierten da- bei historische Formen mit modernem Mobiliar.

Mittlerweile hat das Büro 22 solcher Projekte abgeschlossen. „Die Hotelleriewelt ist relativ klein und setzt auf bekannte, verlässliche Partner. Ein guter Ruf spricht sich schnell herum“, sagt Kitzig. Seine mittlerweile 22 Mitarbeiter, darunter neun Innen- und acht Hochbauarchitekten, pflegen ständig Kontakte. Durch den permanenten Aus- tausch mit Hoteliers wissen sie, wie die Branche tickt. „Wir haben das Budget für ein Projekt permanent im Auge und erlauben uns nur in diesem Rahmen kreative Freiheiten“, sagt Kitzig. Individualität wird im Hotelbau zwar immer größergeschrieben, um sich von anderen Anbietern abzugrenzen. Doch die von Kitzig Interior Design oft selbst entwickelten Teppiche und Tische, Betten und Badeinrichtungen sollen nicht nur schön aussehen, sondern müssen immer auch funktional sein. „Wir sind als Planer zwar nur bis zur Eröffnung damit beschäftigt. Das Hotel muss mit der Inneneinrichtung aber fünf bis acht Jahre seine Gäste zufriedenstellen. Dieses Ziel unserer Kunden dürfen wir nie aus den Au- gen verlieren“, so der Innenarchitekt.

Genauso wie die aktuellen Trends im Hotelbau, die aus Kitzigs Sicht allesamt die Individualität der Häuser fördern sollen: Gerade Wellnessbereiche boomen, da die Nachfrage nach Entspannungszonen mit Behandlungen, Saunen und Pools steigt. Zudem nimmt die Gastronomie im Hotel einen immer höheren Stellenwert ein, beobachtet er: „Wer in seinem Restaurant ein besonderes, individuelles Design sowie ein gastronomisches Konzept bietet, zieht auch Gäste von außerhalb an und kann es autark führen.“

Die Ideen dazu von Kitzig Interior Design kommen an. Folgeaufträge sind eher die Regel als die Ausnahme. Daher sucht Kitzig dringend neue Mitarbeiter für die Standorte Lippstadt und Bochum: „Momentan fehlen uns allein drei Architekten, die wir gerne fest beschäftigen würden.“ Wie die Kollegen müssen auch sie sich flexibel zeigen, wenn sich ein Stammkunde mal wieder von sich aus in dem Büro meldet: „Wir reisen dem Markt weltweit hinterher, wenn unsere Kunden einen Auftrag für uns haben.“ Mittlerweile laufen 60 Prozent seiner Hotelprojekte im Ausland, momentan vor allem in England, den Niederlanden und Russland. Tendenz steigend.

Ein Bayer trifft den haitianischen Stil

Diese Woche auf Haiti, nächste Woche in Italien – Falk von Tettenborn kennt das nur noch so. Der Münchener Architekt baut Hotels dort, wo andere höchstens Urlaub machen: vor allem in der Karibik oder am Mittelmeer. Wenn er an dem Wettbewerb für solch ein Projekt teilnimmt, geht er alles andere als verbissen vor: „Ich bin einfach neugierig auf die Länder. Und wenn es halt nicht klappt, habe ich doch zumindest eine schöne Reise gehabt“, sagt er.

So kam von Tettenborn auch an sein erstes größeres Hotelprojekt auf Haiti Mitte der 1990er-Jahre: die Neugestaltung des, Hotels „Montana“. Um die Menschen, die Umgebung und die örtlichen Bedingungen richtig kennenzulernen, reiste er mit dem Rucksack auf dem Rücken kreuz und quer über die Insel. „Nur so konnte ich zu dem Land einen richtigen Be zug aufbauen“, sagt der heute 55-Jährige. Dieses kleine Studium des karibischen Stils brachte ihm schließlich den Gewinnerentwurf beim Wettbewerb. „Die Auftraggeber sagten zu mir: ‚Endlich mal einer von uns.‘ Denn alle örtlichen Architekten hatten eine internationale Gestaltung vorgeschlagen, wie sie das an den Hochschulen gelernt hatten“, erinnert sich von Tettenborn.

Handwerker, Behörden, Arbeits- und Denkweisen – vieles ist anderswo anders. Doch gerade das schätzt der Münchener an seinen Aufträgen. Und die Haitianer schätzen an ihm und seinen sieben Mitarbeitern die gute deutsche Ausbildung, ihre Zuverlässigkeit und ihr Engagement. „Dort hat der Architektenberuf einen ganz anderen, höheren Status. Das lässt sich mit München nicht vergleichen“, sagt von Tettenborn. Auch die Architektendichte spiele ihm in die Hände: „Wenn in München ein kleiner Kindergarten gebaut wird, nehmen 200 Büros am Wettbewerb teil. Und wenn in der Karibik ein großes Hotel entstehen soll, sind es nur 20 bis 30 eingereichte Entwürfe.“ Nichtsdestotrotz realisiert er mit seinen Kollegen ebenfalls zahlreiche Wohnungs- und Gewerbebauten sowie Umnutzungen in Deutschland.

Zu Hotel-Aufträgen kommt von Tettenborn bis heute teils über Ausschreibungen, oft aber auch über direkte Anfragen aus dem Ausland: „Die Arbeit ist dort viel kreativer. In Deutschland sind die Aufgabenstellungen bei Hotels oft sehr eng definiert, weil große Ketten dahinterstehen.“ Seine individuellen Ideen und seine Leistung haben sich schnell herumgesprochen. Die Welt für Architekten ist hier einfach eine andere – für den, der sich darauf einlässt. „Auch wenn das alles so traumhaft klingt, sind die Aufträge finanziell nicht immer lukrativ, dafür aber stets interessant“, sagt er. Um mit den landestypischen Herausforderungen besser umgehen zu können, sucht sich von Tettenborn über das Netzwerk Architekturexport (NAX) der Bundesarchitektenkammer oder über Anzeigen immer einen festen Partner vor Ort: „Alle Pläne kommen zwar aus München und viele Besprechungen funktionieren mit moderner Video- und Konferenzsoftware, nur die Bauleitung sollte schon vor Ort vertreten sein, wofür wir uns jeweils einen externen Partner suchen.“

So geht der Architekt auch bei den beiden aktuellen Hotelprojekten seines Büros vor. Im alten Zentrum von Santo Domingo baut er gemeinsam mit dem örtlichen, ursprünglich aus der Schweiz stammenden Architekten Leo Walser aus einem ehemaligen Kloster eine neue Übernachtungsstätte. Zudem kehrt von Tettenborn an den Ort zurück, an dem alles angefangen hat. Die Hauptader des schweren Erdbebens in Haiti führte durch die Anlage des Hotels Montana. Sämtliche Altbauten stürzten dabei ein, nur einige Gebäude aus den i990er-Jahren blieben stehen. „Hier war es mir eine persönliche Herzensangelegenheit, zurückzukehren“, sagt von Tettenborn. Bei dem Wettbewerb um den Masterplan konnte der Deutsche mit dem karibischen Stil erneut überzeugen.

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Deutsches Architektenblatt – Corporate Publishing Services GmbH
Ausgabe 07 | 2012
Ort Düsseldorf, Deutschland
Verlag https://www.dabonline.de/