md Magazin – Hotel Schloss Roxburghe

Interiordesigner erklären ihre Lieblingsprojekte
ARBEITEN MIT FUNDEN AUS DEM BESTAND

Die Rezeption und Lounge stehen exemplarisch für das Interior – design des heute als Hotel genutzten Schlosses Roxburghe in Schottland. Der Tresen mit Marmorplatte und hochwertiger Goldlackierung scheint aufgrund des verdeckt angebrachten Lichtbandes zu schweben. Ebenso gilt das für den hinterleuchteten Schlüsselkasten. Das Schloss weist aufwendige Stuckarbeiten auf, die wir nur wenig ausbessern mussten. Auch sie werden indirekt von unten beleuchtet, ohne dass andere Elemente den Gesamteindruck stören. Authentisch sind auch die detailreichen Holzeinbauten. Für die Sessel verwendeten wir edle Bezugsmaterialien mit Karomuster.

Ich bin noch heute froh über unsere Entscheidung, mit einem Großteil der Bestandsmaterialien zu arbeiten. Dazu war viel Vorarbeit nötig. So trennten und kategorisierten wir im Vorfeld eine riesige Anzahl im Schloss vorgefundener Dekora tionsstücke. Das war eine Heidenarbeit. Aber sie hat sich gelohnt. Nun trifft im Hotel der schottisch-klassische Landhausstil mit Tweed-Materialien auf den Victorian Style.

Zur Person
Der Interiordesigner Olaf Kitzig gründete 1998 Kitzig Interior Design in Lippstadt. Das Büro verfügt heute über drei weitere Dependancen mit 60 Mitarbeitern. Neben der Innenarchitektur zählen auch Architekturprojekte und Designobjekte zu den Tätigkeitsfeldern.

Projekt: Hotel Schloss Roxburghe
Standort: Kelso, Schottland
Bauherr: 12.18. Hotel Collection, Düsseldorf
Fertigstellung: 2019

md INTERIOR | DESIGN | ARCHITECTURE
Ausgabe 04/2021
Ort Leinfelden
Verlag https://www.md-mag.com/

The Telegraph – 7Pines Resort Ibiza

The Telegraph
I never thought I’d say this, but lockdown has me itching for a rave in Ibiza
The dreams of summer flirtation with the most mythologized Balearic is getting me through the dregs of winter.
There’s a spiritual streak running right through the core of Ibiza – claims of its magnetism, energy and appeal are rife. So when the full moon rises once a month it’s an occasion lauded by yogis. In summer, head to Pure Seven Spa at Seven Pines Resort Ibiza, where full moon yoga takes place in the spas`s glass atrium foyer, with the mystical island of Es Vedra looming in the distance. Less hippie, more swanky, it`s spiritualism for beginners.

7pines-ibiza.com

The Telegraph
Ausgabe 19.2.2021
Ort London
Verlag Telegraph Media Group https://www.telegraph.co.uk/

LICHT GESTALTEN – Interview mit Olaf Kitzig

LICHT GESTALTEN

Es kann Atmosphäre schaffen, Schatten werfen, Größe zaubern, für Romantik oder Unbehagen sorgen: Licht ist ein oft unterschätztes Interior-Element. Grund genug, einen echten Profi um Rat zu fragen – und sich vor Ort erleuchten zu lassen.

Unscheinbar wirkt der weiße Schriftzug an der rotbraunen Backsteinwand zwischen der großen, mit Gläsern und Cocktailzutaten gefüllten Bar und ihren zum Teil hölzernen, zum Teil verspiegelten Flächen. Dann drückt Olaf Kitzig auf einen Schalter, der Schriftzug entpuppt sich als flexible Neonkontur, erstrahlt in hellem Pink – und sorgt statt für knallig-grelles Licht für ein fast erstaunlich zartes Rosé, das den Barbereich sofort anders wirken lässt. Wärmer, behaglicher, einladender. Der eben noch strenge, gespannte Blick des Interior- Designers weicht einem zufriedenen Lächeln: Es funktioniert. Genauso, wie er es sich vor fast vier Jahren ausgedacht hat.

Schlechtes Licht kann das beste Design ruinieren

Räume – auch mit Licht – zu gestalten, das ist seit über 20 Jahren Olaf Kitzigs Leidenschaft und Profession. Mit Kitzig Design Studios gründete er 1998 eines der heute größten Unternehmen für Innenarchitektur und -design in ganz Europa, er stattet Hotels wie das Me And All, Hyatt und Marriott aus, designt für Restaurants von Sylt bis New York neben dem Interior auch gern gleich mal Logos und Mitarbeiter- Outfits mit, entwirft Flughafen-Lounges und S-Bahn-Stationen und richtet Privathäuser ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass man schon einmal an einem von ihm gestalteten Ort war, ist also groß.

Heute hat er Büros in Lippstadt, Düsseldorf und München, ein eigener Interior- Onlineshop ist in Planung. Bei seiner Arbeit geht es um viel mehr als nur um Materialien, Stoffe, Möbel und Farben: „Licht ist als Gestaltungselement nicht zu unterschätzen“, so der 49-Jährige. Das beweist nicht nur der Effekt des rosa Neonlichts ziemlich einleuchtend. „Eine schlechte Innenarchitektur kann durch eine gute, intelligente Lichtgestaltung immerhin mittelmäßig werden. Aber eine sensationelle Innenarchitektur kann man mit schlechtem Licht richtig ruinieren.“

Wer an so großen Projekten arbeitet wie Olaf Kitzig und sein Team, muss oft Jahre im Voraus erspüren, wo und wie die Menschen sich wohlfühlen werden, wenn ein Restaurant oder Hotel eröffnet.

Mit nur einer Lichtquelle ist der Drops nicht gelutscht

So war es auch beim Me And All. In der weitläufigen Lobby mit den hohen Fenstern empfangen Lichtspiele der besonders stylishen Art die Gäste. Neon-Installationen leuchten an den Backstein-Wänden und vor Pflanzen, indirektes Licht beleuchtet die Rezeption und die Bar, Edison-Glühbirnen hängen in Pendelleuchten im Industrial-Stil, im Draht-Design und in kleinen, runden Retro-Fassungen auf unterschiedlichen Höhen.

Dass hier so viele verschiedene Leuchten, Lampen und Lichtfarben zusammenwirken, ist kein Zufall. Olaf Kitzig hält zwar ziemlich wenig von Regeln, in Sachen Beleuchtung hat er dann aber doch eine: sich niemals auf nur eine Lichtquelle verlassen. „Viele Menschen meinen, mit einer Lampe sei der Drops gelutscht. Das mag im Kühlhaus funktionieren und seinen Zweck erfüllen, aber nicht zu Hause. Denn so kann sich das Licht gar nicht verschiedenen Stimmungen und Situationen anpassen. Die Lichtfarbe aus dem Badezimmer macht das Wohnzimmer nicht gerade gemütlich“, bringt es der Designer auf den Punkt.

Was die einen noch gemütlich finden, ist für die anderen schon trutschig. Einrichtung ist Geschmackssache – genau wie Licht. Olaf Kitzig nennt das wohl aktuellste Beispiel überhaupt: das Homeoffice. „Manche Menschen werden am liebsten nur vom Monitor bestrahlt, andere stellen sich eine Schreibtischleuchte dazu, wieder andere arbeiten besonders gern in einem komplett hell beleuchteten Zimmer.“ Seine Empfehlung, nicht nur auf eine einzige Lichtquelle zu setzen, ist aber nicht nur seinem persönlichen Geschmack geschuldet: „Das Auge stellt sich auf die jeweiligen Lichtverhältnisse ein. Wenn ich nur auf den Monitor schaue, muss das Auge die ganze Zeit fokussieren. Das strengt wahnsinnig an.“ Die Beleuchtungsstärke von 500 Lux, die in der offiziellen „Arbeitsstättenverordnung“ festgelegt ist, muss es dann aber zu Hause nicht unbedingt sein.

Kühlhaus-Charme statt Wohlfühl-Atmosphäre?

Auch im Badezimmer spricht einiges dafür, mehrere Lichtquellen zu verwenden – denn nur so kann man sehen, was genau man da eigentlich vor dem Spiegel macht. Kommt das Licht nur von oben, wirft jede Wimper lange Schatten und man hat Augenringe, angesichts derer jeder Panda vor Neid erblasst. Am besten, so Olaf Kitzig, sollte das Licht von oben, hinten und vorn kommen und unabhängig voneinander steuerbar sein. Gerade kleine Räume profitieren vom Licht-Plural, weiß der passionierte Ästhet: „Damit kann man spielen, Tiefe und Schatten erzeugen, den Raum wesentlich größer erscheinen lassen.“

Beim Spiel mit Licht und Schatten hat es ihm ein Element besonders angetan, nämlich die Reflexion. Nicht nur im technischen Sinne: „Es gibt nichts Schöneres, als durchs Fenster zu blicken, wenn es draußen schneit und der Schnee gegen Lichtschein fällt. Wie das reflektiert!“ Nun lässt sich dieser Effekt natürlich nicht so einfach nach Hause holen, aber bei der Suche nach dem perfekten Platz für eine Lampe sollte immer beachtet werden, auf was für eine Fläche deren Licht strahlt: uneben oder glatt, hell oder dunkel, glänzend oder matt?

Das gilt für Wände, aber auch für die Möbel, auf die das Licht fällt. Dunkle Flächen absorbieren und lassen Licht weniger hell wirken, helle Flächen werfen es zurück in den Raum. Gerade bei weißen Wänden wirkt ein 4.200-Kelvin-Licht also extrem hell. Das lässt sich durch Farbe an den Wänden kompensieren oder durch einen innen farbigen Lampenschirm.

Kunstbeleuchtung für Kinderbilder – warum nicht?

Mit Reflexionen spielt Olaf Kitzig übrigens auch gern, indem er Lampen vor Fenstern platziert. Statt abends in ein dunkles Loch zu schauen, ergeben sich so nämlich Spiegelungen – und die fallen umso spannender aus, wenn man mehrere Lichtquellen im Raum hat.

Aber, betont der Designer, Steh- und Tischlampen können nur Highlights setzen, wenn die Deckenleuchte nicht zu hoch hängt. „Sonst überstrahlt das eine Licht das andere und nichts kann wirken.“ Apropos Wirkung: Die haben seiner Meinung nach auch Wandleuchten, die aber oft unterschätzt werden. Genau wie Kunstbeleuchtung, wie man sie aus Museen kennt. Dafür braucht es auch gar kein Meisterwerk: „Ein von Kindern gemaltes Bild kann in einem Rahmen und mit Beleuchtung eine ganz andere Aussage und Wirkung bekommen.“ Bei Wand und Kunstbeleuchtung könne man auch ruhig mutig sein und das Kabel an der Wand herunterhängen lassen, findet Olaf Kitzig: „Wer sagt denn, das Kabel immer hinter Putz verlaufen müssen?“

Und dann ist da noch seine große Liebe, das indirekte Licht. Dessen Wirkung erklärt er am Bartresen in der Lobby des Hotels. Durch LED-Streifen unterhalb der Tresenplatte wirkt der ganze Thekenblock leichter. Der Profitipp für zu Hause: den Leuchtstreifen so anbringen, dass man nicht direkt hineinblickt, dann blendet nichts, aber der Effekt ist trotzdem da. Das gilt auch für die so beliebten Deckenspots. Für sie hat Olaf Kitzig seine eigene Regel aufgestellt und bringt sie immer etwa 35 Zentimeter von der Wand entfernt an. So blenden sie nicht, spenden aber Licht und akzentuieren den Raum.

Eigener Stil statt Trends und Fast Interior

Olaf Kitzigs wichtigster Tipp in Sachen Licht: „Einfach ausprobieren! Die Lampe durch die Wohnung tragen und schauen, wo sie am besten wirkt. Das muss man lernen, ich selbst habe bei meinen allerersten Projekten auch Anfängerfehler gemacht.“ Und wie steht er, der einerseits den Geschmack der Masse Jahre im Voraus erahnt und andererseits eigene Akzente setzt, zu schnelllebigen Trends? Das Fast-Fashion- Phänomen hat schließlich längst auch den Interior-Bereich erobert. Gerade waren noch Lampengestelle aus Kupferdraht angesagt, da stehen schon Schirme aus Rattan ganz hoch im Kurs. Handarbeit schätze er sehr, so Olaf Kitzig, zumindest wenn sie unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt und nicht zu Schleuderpreisen verkauft wird. Aber: „Individualisierung entsteht nicht dadurch, dass ich jeden Trend mitmache. Das Erbstück, das mir vielleicht altmodisch vorkommt, kann ich mit einem anderen, modernen Lampenschirm zu einem echten Einzelstück machen.“ Sein Fazit ist unpathetisch, aber prägnant und im wahrsten Sinne des Wortes einleuchtend: „Lampen können so viel mehr sein als ein reines Leuchtmittel.“

Text Katharina Pfannkuch
Fotos Gino Giove

Maxi
Ausgabe März 2021
Ort Kiel
Verlag OCEAN.GLOBAL Gmbh & Co.KG https://www.ocean.global/media/magazine/

Welt am Sonntag Falscher SCHEIN

Falscher SCHEIN
Eine unglückliche Beleuchtung kann die schönste Einrichtung ruinieren. Ein Experte erklärt die schlimmsten Lichtsünden.

Manchmal, wenn es draußen schon dunkel und er noch unterwegs ist, lässt Olaf Kitzig den Blick über die Fassaden schweifen. „Was man da sieht, kann ganz schön traurig machen“, sagt der 49- Jährige, und meint das keineswegs überheblich. Der Gründer des Unternehmens Kitzig Design Studios wirkt ehrlich betroffen, wenn er beschreibt, wie gleißend kaltes Licht erbarmungslos auf weiße Wände strahlt oder penetrant blinkende Lichternetze gute Laune verbreiten sollen. Gemütlich geht anders.

Das überrascht angesichts der in diesem Jahr so rasant gewachsenen Bedeutung des eigenen Zuhauses für Menschen, die wegen des Lockdowns überall vor verschlossenen Türen stehen, ihren Arbeitsplatz nach Hause verlegen müssen und für Einrichtung so viel ausgeben wie lange nicht: Der Verband der Deutschen Möbelindustrie meldet jedenfalls nach einem Einbruch zu Beginn der Pandemie im zweiten und dritten Quartal steigende Umsätze — um fast 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Was nicht in Mode oder Reisen investiert wird, wandert an den Ort, an dem man die meiste Zeit verbringt.

Natürliche Materialien (oder solche, die so aussehen) sind besonders gefragt. In der Ecke Körbe aus Seegras, an den Wänden Makramees und das Comeback von Rattan geht in die 234. Runde. Wenn keiner weiß, ob, wann und wenn ja, für wie lange die Welt wieder normal wird, soll Behaglichkeit her. Und die will buchstäblich ins rechte Licht gerückt werden. Aber nicht ins grellweiß blendende.

„Ein gelungenes Innendesign kann durch das falsche Licht komplett ruiniert werden“, so Kitzig, der auch Privathäuser gestaltet. Die Wahrscheinlichkeit, dass man schon einmal in einem von ihm gestalteten Ort war, ist hoch: Er ist für Interieur und Ausstattung von Hotelketten wie Hilton, Marriott und Me And All verantwortlich, designt Flughafenlounges und Restaurants rund um die Welt. Beleuchtung sei eine regionale und höchst subjektive Angelegenheit, so Kitzig, der sein Unternehmen vor über 20 Jahren in Lippstadt gründete und heute Büros in München, Düsseldorf und Bochum hat.

Richtig und falsch, das sind schwierige Kategorien, wenn man wie er eigentlich nicht viel von starren Regeln und Beleuchtungsrastern hält. Aber für den Ästheten Kitzig, der auch selbst Möbel, Stoffe und Bekleidung für Angestellte der von ihm gestalteten Hotels designt, gibt es dann doch einige stilistische — und nicht verhandelbare — Tabus in Sachen Licht:

1. BUNTE LICHTERKETTEN
„Farbige Leuchtmittel sind eine Kunst für sich und im privaten Bereich mit ganz großer Vorsicht einzusetzen“, findet Kitzig. Denn: Sie reflektieren, überstrahlen andere Lichtquellen und sorgen vor allem für Unruhe — besonders, wenn sie auch noch mehr oder minder rhythmisch blinken. Dennoch funkelt es so knallbunt in Fenstern und Vorgärten, dass es fast trotzig anmutet. Weihnachten fiel kleiner aus, an Silvester blieb der Himmel düster, also soll es zu Hause im Alltag möglichst farbenfroh sein. Keine gute Idee, findet der Designer. Die warmweiße Lichterkette als Imitation der Kerze sei eine christliche Tradition, bunte Lichterketten hingegen seien einfach nur: bunt. „Da wird einfach alles gemacht, was technisch möglich ist. Und Technik erleichtert Geschmacklosigkeit.“

2. LUMIBÄR & CO
Bunt ist auch ein Klassiker, der es nie in ein Kitzig-Design schaffen dürfte: Den in den 90ern populär gewordenen Lumibären samt all seiner Kopien und Variationen, etwa Leuchtwürfel, bezeichnet Kitzig als „in Plastik gegossene Todsünde“. Leuchtwürfel, vor allem für Gärten, Terrassen und Balkone beliebt, ließen sich durch versteckte Lichtspots ersetzen, die viel stimmungsvollere Effekte erzielten.

3. LAVALAMPE
Ein weiterer Klassiker auf der schwarzen Liste des Designers ist die Lavalampe. „Sie hatte ihre Zeit — und schon damals ziemlich wenig Nutzen als tatsächliche Lampe.“ Der praktische Nutzen des raketenförmigen Modells mit der wabernden, undefinierbaren Materie darin bleibt tatsächlich – Achtung, Wortspiel — im Dunklen.

4. NEONRÖHREN
In deutschen Wohnküchen dominieren zwei Extreme: schummriges Licht aus tief hängenden Pendelleuchten und gleißend blendende Neonröhren. Letztere haben für Olaf Kitzig in keinem Zuhause etwas verloren: „Kalt, ungemütlich, fahl, schlimm“, so das Designer—Urteil. Wer nicht auf helles Licht verzichten will, solle auf indirekte Beleuchtung setzen und zum Beispiel LED-Streifen so anbringen, dass man nicht direkt in sie schauen muss, etwa hinter einer Verkleidung an Hängeschränken.

5. ENERGIEFRESSER UND BILLIGWARE
„Kein Mensch braucht heute noch Leuchtmittel mit 100 Watt“, ist Kitzig überzeugt. Diese noch immer zu verwenden, findet er ignorant. Dass es auch anders geht, beweist er selbst: Die Außenbeleuchtung seines Lippstädter Firmensitzes habe früher fast 2.500 Watt benötigt, heute sind es gerade mal 50 Watt. Und dass eine Lampe mit Hand geflochtenem Rattanschirm für zehn Euro nicht unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt worden sein kann, sei eigentlich auch klar.

Welt am Sonntag
Ausgabe 17.01.2021
Von Guido M. Hartmann
Ort Berlin
Verlag https://www.welt.de/weltamsonntag/

architektur international – me and all hotel hannover

VIEL HANNOVER-GEFÜHL
me and all hotel hannover
Kitzig Design Studios GmbH & Co. KG, Lippstadt

Die junge Boutiquehotel-Marke der Lindner Hotels AG hat in Hannover ihren nächsten Standort eröffnet: Zentral im historisch-markanten Eckgebäude am „Aegi“ gelegen lädt die offene me and all Lounge mit roughen Backsteinwänden, großen Rundbogenfenstern und Urban Industrial Style als Wohnzimmer der Stadt ein. Mit Coworking-Spaces, Kitchen & Bar, Boardroom und viel Hannover-Gefühl können sich Hotelgäste und Einheimische hier wie zuhause fühlen. Die LED-Schrift „Don‘t stop me now“ begrüßt die Gäste in der Lounge, auf den 165 Hotelzimmern wird die Leidenschaft für Musik der me and all hotels durch meterhohe Bilder von Künstler Kai Schäfer sichtbar.

Die „worldrecords“ zeigen die Platten der hannoverschen Musiker Mousse T., Fury in the Slaughterhouse und den Scorpions. Weitere Kunst hat der lokale Graffiti-Künstler Patrik Wolters alias BeNeR1 an die Außenfassade gebracht. Hier hat er seine Heimatstadt mit ihren Sehenswürdigkeiten und Logos in einem Mural verewigt.

URBANER STYLE

Das me and all hotel hannover ist ein Ort für Heimatgefühle. Ein super gemütliches Cityhotel und Wohnzimmer, wo sich die Gäste erden können. Alle zusammen oder jeder für sich. Das me and all hannover ist die neue Soulbase in der City, in der auf nichts verzichtet werden muss. Ein Rückzugsort zum Entspannen. Ein Zuhause auf Zeit. Ein Büro, wann immer es gebraucht wird. Und es ist eine coole Eventlocation mit bodenständigen, detailverliebten und urbanen Style. Gestaltet mit spannenden Lieblingsstücken und jeder Menge Backsteinen für uneingeschränkte Freiheit.

KOMFORTABLE ZIMMER

Die Zimmer im me and all hotel hannover präsentieren sich mit dem perfekten Mix aus Farben, Stoffen und Materialien. Für einen erholsamen Schlaf sorgen die bequemen Boxspringbetten – mit ganz vielen Kissen. Die stilvollen Bäder laden zu einer erfrischenden Zeit unter der wohltuenden Regendusche ein. Ansonsten verfügen die Zimmer über alles, was auch einen längeren Aufenthalt angenehm macht.

LOKALE FRÜHSTÜCKSLIEBE

Den guten Geschmack Hannovers kann man nicht nur sehen, sondern – dank vieler lokaler Partner und Manufakturen – auch schmecken. Für die wichtigste Mahlzeit des Tages kommt im me and all hotel ganz viel Hannover-Liebe auf den Teller: Freunde der guten Stulle freuen sich über Brote und Brötchen der Spezialitätenbäckerei Borchers. Die Expertise des Bäckermeisters Klaus Borchers schmeckt man bei jedem Bissen. Marmeladenfans und Honigliebhaber genießen diese mit der innovativen Honigzubereitung Marmelonig, die gesunde Inhaltsstoffe des Honigs mit der Essenz sonnenreifer Früchte vereint. Ein guter, schwarzer Kaffee ist auch immer wichtig: Beste Bohnen dafür liefert die Hannoversche Kaffeemanufaktur, acht Jahre in Folge offiziell „kulinarischer Botschafter Niedersachsens“. Zum Naschen zwischendurch gibt es „Lenchen“: klein, lecker, Lebkuchen 2.0. Die Lebkuchenhappen sind nach dem 130 Jahre alten Rezept von Oma Lene gebacken und mit großen Nuss- und Fruchtstücken verfeinert. Alle Produkte gibt es auch to go im me and all Shop.

KITCHEN & BAR

Das Pop-Up-Restaurant NOBEL steht nicht für Dekadenz und Highfly, viel mehr geht es Sascha Werhahn und Peter Kaßner darum, aus simplen, aber erlesenen und noblen Zutaten köstliche Menüs zu komponieren und Goldies neu zu interpretieren. Dabei setzen die beiden Küchenchefs auf saisonale und vor allem regionale Zutaten. Gemüse und Fleisch und eigentlich so ziemlich alles, was in ihrer Küche verarbeitet wird, kommt aus dem Umland von Hannover. Für einen Longdrink in der me and all Lounge ist „Niemand Gin“ absolut zu empfehlen: Für ihren exotischen, deutschen Handcraft Gin, Vodka und Likör ist die junge Marke bereits mehrfach international ausgezeichnet worden. Im me and all wird nun der nächste Traum des Firmengründers Sebastian Otto wahr, einmal den eigenen Gin in einer Hotel-Minibar zu finden. Auch fürs Feierabend-Bier ist in der me and all Lounge gesorgt: Von Einheimischen und Kennern liebevoll „Herri“ genannt, wird Herrenhäuser die Hotelgäste schnell überzeugen. Auch Mashsee sollte man kosten: Die Brauerei kombiniert etablierte Bierstile mit aktuellen Geschmacksrichtungen und interpretiert alte Bierstile neu.

FITNESSBEREICH UND BOARDROOM

Im Fitnessbereich motiviert die Leuchtschrift: „Be a badass with a good ass“ – passend dazu sind mit Hannover 96 und den Recken auch sportliche Local Heroes am Start. Der Gym ist mit den neuesten MATRIX Fitnessgeräten bestens für jedes Training ausgestattet. Für großartige Joggingrunden warten auch der Maschpark und die Ufer vom Maschsee in nur 600 Metern auf Sportbegeisterte. Nach der Anstrengung lädt die Sauna zum Relaxen ein. Im Boardroom lässt sich der Besprechungstisch kurzerhand in eine Tischtennisplatte umwandeln. Der Raum hat mit 35 Quadratmetern genau die richtige Größe, um mit kleineren Teams ungestört zu arbeiten. Ein großartiger Workspace, der sich einem individuellen Mindset anpasst und Gemütlichkeit und Effizienz unangestrengt verbindet.

HANNOVER ENTDECKEN

Hannover gehört zu Deutschlands grünsten Großstädten. Und sie ist nicht nur grün, sie hat auch eine super kompakte Stadtstruktur und sehr schöne Ecken. Die Südstadt ist ein gutes Beispiel: Hier gibt es alles. Und nichts ist zu weit entfernt, um es sich nicht anzugucken. Ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Bus und Bahn, von hier aus kommen die Gäste des me and all hotel hannover in nullkommanix überall hin: Morgens um den Maschsee joggen, abends zu Fuß in szenige Läden und zwischendurch durch die Stadt bummeln. Das Hotel liegt sehr zentral und hat sämtliche öffentliche Verkehrsmittel und das großartige Theater am Aegi direkt vor der Tür. Zudem können im Hotel kostenfrei Fahrräder ausgeliehen werden. Shoppen und Rumspazieren, Kunst und Kultur, Feiern und Chillen, Hören und Sehen, Essen und Trinken, Sport und Entspannung. Sowohl die Innenstadt als auch das Naherholungsgebiet rund um den Maschsee und der Stadtwald Eilenriede, in dem auch der Zoo Hannover liegt, sind nicht weit entfernt. Im me and all hotel hannover sind Gäste also ganz und gar hannoversch und können sich bequem unters Volk mischen.

ME AND ALL HOTELS

Die me and all hotels sind die Zweitmarke der Lindner Hotels AG. Im Jahr 2015 von den Vorständen Andreas Krökel und Otto Lindner entwickelt, eröffnete das erste Haus im Oktober 2016 in Düsseldorf, im Jahr 2018 folgte der zweite Standort in Mainz, im Mai 2020 das dritte Haus in Hannover und im Juli 2020 in Kiel. Im Jahr 2017 wurde zusammen mit der Hanseatic Group die me & all Hotels GmbH gegründet, um das Wachstum der neuen Bouarchitektur 68 international tique-Marke deutlich zu beschleunigen. Es sind bereits weitere Verträge für me and all hotels in zentralen Lagen der Städte Stuttgart, Ulm, Leipzig und Düsseldorf unterschrieben. Die me and all hotels sprechen mit ihrem urbanen, lässig-ungezwungenen Flair vor allem Cityund Business-Traveller sowie Urban Locals an, die Leben, Arbeiten und Kommunikation in sympathischer Atmosphäre verbinden möchten. Nonchalantes Herzstück der Hotels ist die offene Verschmelzung von Check-in, Bar, Lounge und Coworking Cornern. Vintage-Möbel, Accessoires mit Augenzwinkern und neueste technische Ausstattung verbinden dort Funktion und Finesse, Professionalität und Individualität, Luxus und Gemütlichkeit.

LINDNER HOTELS AG

Zum Portfolio der familiengeführten Hotel- Gruppe (1.372 Mitarbeiter; 192 Millionen Euro Umsatz in 2019) gehören insgesamt 35 Hotels in sieben europäischen Ländern. Sie zählt damit zu den führenden deutschen Hotelgesellschaften. Neben 18 Lindner Hotels in Großstädten, acht hochwertigen Spa- und Sport-Resorts (eins davon in Planung) und einem Ferienpark zählen acht Hotels der Marke me and all dazu (vier davon im Bau). Einige Lindner Hotels & Resorts wurden aus schwierigen wirtschaftlichen Situationen übernommen und erfolgreich neu positioniert. Seit kurzem ergänzen Franchise-Betriebe das Angebot und bieten wie die bestehenden Häuser individuelle Urlaubskonzepte, hohe Qualitätsstandards und innovative Spa-Angebote. Die besonderen Hotelkonzepte von Otto Lindner, der das Unternehmen in zweiter Generation führt, erhielten zahlreiche Auszeichnungen: Das Lindner Park-Hotel Hagenbeck in Hamburg wurde zur „Hotelimmobilie des Jahres“ gekürt, Otto Lindner selbst wurde „Hotelier des Jahres“ und Geschäftsreisende wählten Lindner bei den Business Traveller Awards 2014 auf Platz zwei als „Beste Hotelgruppe für Geschäftsreisende in Deutschland“. Im Human-Resources-Bereich gewann Lindner schon zum dritten Mal den Hospitality HR Award und belegt jährlich hohe Plätze im Ranking „Deutschlands beste Arbeitgeber“ als mittelständisches Tourismus-Unternehmen.

OBJEKT: me and all hotel hannover
BAUHERR: Hanseatic Holding GmbH, Hildesheim
ARCHITEKT: AZ-Architekten, Rotenburg/W.
INNENARCHITEKT: Kitzig Design Studios GmbH & Co. KG, Lippstadt
FOTOS: me and all hotels

architektur international – hotel | building | design
Ausgabe VI/2020
Ort Haunetal
Verlag b+b Medien GmbH https://www.architektur-international.com/

GROHE DIGITAL

30 Entscheidungsträger der Baubranche
im Gespräch zu jeweils 10 Fragen.
IM GESPRÄCH MIT OLAF KITZIG,
FOUNDER & CEO,
KITZIG INTERIOR DESIGN GMBH

GROHE: Wie haben Sie die letzten Monate der Corona-Krise als Unternehmer und Privatperson erlebt?

Olaf Kitzig: Corona war wie eine Zwangspause, die verheerende Ausmaße annimmt und deren Konsequenzen aus heutiger Sicht noch lange nicht zu erkennen sind. Nach vielen Jahren starken Wirtschaftswachstums kam dieser Shutdown für alle überraschend, von heute auf Morgen ging gar nichts mehr.

Keiner weiß, wann die Normalität in unser Berufsleben, in unser Arbeitsumfeld und in unseren privaten Bereich zurückkehrt. Für uns als Firma und mich als Privatperson war die Pandemie bislang das schwierigste und größte Problem und die wohl heftigste Krise überhaupt. Als klar war, dass der Lockdown kommt, arbeitete es permanent in mir und ich überlegte, wie ich meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen halten kann und wie wir Geschäft neu interpretieren und generieren können. Seit 1998 sind wir mit dem Büro am Markt, wir haben bereits die ein oder andere Krise hinter uns gebracht. So etwas wie die Pandemie hat allerdings noch keiner von uns erlebt, keiner konnte sie einschätzen, und deshalb hat der Markt so reagiert. Uns als Kitzig Interior Design mit ungefähr 70 prozentigem Anteil unseres Schaffens für Hotellerie und Food und Beverage und gut 30 Prozent für Retail und Office hat es natürlich relativ heftig erwischt. Dieses Jahr haben wir noch keine Probleme, die Auftragsbücher sind voll und wir arbeiten sehr intensiv und sehr ausgefallen mit dem Tool der Kurzarbeit. Laufende Projekte laufen zum größten Teil weiter, es sei denn, es sind Projekte, bei denen es vorteilhafter ist, den Bau zu stoppen. Momentan herrscht verständlicherweise eine unglaubliche Unsicherheit im Markt. Von daher ist es derzeit sehr schwierig, Geschäfte zu generieren. Wir haben gerade das ein oder andere Hotelprojekt, das nicht weiterverfolgt wird. Alle Projekte vor Leistungsphase 4, also vor Bauantrag, sind Projekte, bei denen wir eine Absprungrate von ungefähr 40 Prozent haben.

GROHE: Gibt es auch etwas Positives, was Sie aus der Situation ziehen konnten?

Olaf Kitzig: Eine der positiven Seiten der Krise war und ist, dass man viel mehr Zeit mit seiner Familie verbringen konnte, die man sonst nicht gehabt hätte. Unser in Teilen überaus schnelles Leben ist ineinander gebrochen und von einem auf den anderen Tag auf Null gesetzt worden. Diese Zeit bot Platz zum Reflektieren und die Möglichkeit, seine berufliche und private Lebenssituation einmal von außen zu betrachten, was durchaus horizonterweiternd war. Durch die fehlende und immer noch sehr eingeschränkte Reisemöglichkeit hat sich auch die Möglichkeit für intensive und lange Gespräche mit Mitarbeitern ergeben. Wir haben das Unternehmen gemeinsam aus der Metaebene angeschaut und überlegt, ob gewohnte Arbeits- und Vorgehensweisen immer noch gut sind, haben also Dinge beleuchtet, was wir ohne den Zwangsstopp sicherlich nicht getan hätten. Dabei sind viele positive Dinge herausgekommen. Wir haben uns beispielsweise noch stärker mit regionalen Materialien auseinandergesetzt und hinterfragt, wie man die jeweiligen Regionen besser einbinden kann. Die interne Kommunikation ist bei uns viel effizienter geworden als vor der Pandemie und hat viel Bewegung gebracht.

Ich habe immer gehofft, dass Menschen in Problemsituationen eher zusammenrücken. Im Gegensatz zu vielen anderen sehe ich das eigentlich eher gegenteilig. Dennoch hoffe ich nach wie vor, dass mehr Solidarität untereinander entsteht und nicht die Ellenbogengesellschaft und das übergroße Ego Thema der Einzelpersonen überhandnimmt. Es muss doch nun wirklich dem Letzten klargeworden sein, dass wir in einer globalisierten Welt leben und zusammenhängen. Das bedeutet, wenn in China etwas passiert, tangiert mich das auch hier in Ostwestfalen-Lippe.

GROHE: Erklärt sich die hohe Absprungrate in Ihren Projekten aus finanziellen Gründen oder eher wegen der Unsicherheit, überhaupt noch das Richtige zu tun?

Olaf Kitzig: Ich denke, es sind weniger finanzielle Argumente, ein Projekt nicht mehr weiterzuverfolgen, denn Geld im Markt ist noch vorhanden. Es ist vielmehr die vorherrschende Unsicherheit, keiner weiß, ob er sein Geschäft nochmals so generieren kann und ob die Planzahlen, mit denen man in 2019 gerechnet hat, in 2021 noch realistisch sind. In meinem Unternehmen justieren wir uns einmal in der Woche neu. Das bedeutet, dass das, was man montags als positive Nachricht erhält, nicht unbedingt bis Freitag eine Halbwertszeit haben muss. Wir haben in den letzten Wochen einen sehr intensiven Austausch mit tollen Unternehmen geführt und fühlen uns durch das gemeinsame Corona Problem solidarisch verbunden. Uns allen sind gleichermaßen die Hände gebunden, keiner weiß momentan, wo und wie er richtig agiert, jeder kann nur spekulieren. Das betrifft natürlich auch mein Unternehmen mit ca. 80 Mitarbeitern an den Standorten Lippstadt, Bochum, Düsseldorf und München. Neben den Kitzig Design Studios unterhalten wir noch eine Corporate Design Kommunikationsagentur, Kitzig Identities und Kitzig Details und Kitzig Interior Design. Wir überlegen natürlich auch, wo die Marktentwicklung hingeht und wie hart es uns nächstes Jahr womöglich erwischen könnte. Ich vermute, dass die Spätfolgen des Ausschaltens der weltweiten Wirtschaft Probleme mit sich bringen wird, die wir heute noch nicht abschätzen können. Es gibt viele positive, aber leider auch genauso viel unglaublich traurige Signale. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass es weitergeht. Wir nehmen gerade an Fahrt auf, sind aber noch lange von dem Tempo der Zeit vor Corona entfernt. Das liegt u.a. auch daran, dass wir wegen verzögerter Lieferketten und damit enormen Lieferzeiten – wir beziehen unsere Werkstoffe weltweit – teilweise nicht mehr fristgerecht arbeiten können.

GROHE: Es gibt Menschen, die behaupten, wir befinden uns durch die Krise an einer Weggabelung der Menschheitsgeschichte. Würden Sie dem zustimmen?

Olaf Kitzig: Nein, ganz und gar nicht, da der Mensch aus seinen Fehlern nicht lernt. Wir müssen uns nur die politische Situation weltweit anschauen, da gibt es viele Szenarien, die wir kennen und erlebt, aus denen wir aber leider nicht gelernt haben. Eine Gabelung, also das Finden eines neuen Weges, mit uns und der Welt umzugehen, entspräche einer Traumwelt. Ich würde mich freuen, wenn ich Unrecht habe, aber ich kann es mir nicht vorstellen. Um ein Beispiel zu nennen: Es gab den nachträglichen Shutdown in Kreis Gütersloh.

Ich lebe in Kreis Soest, der an den Kreis Gütersloh angrenzt. Anstatt zu sagen, das ist so schrecklich, was denen dort passiert ist, anstatt den Menschen aus dem Kreis zu helfen und sie zu stärken, werden sie beschimpft und alle Autos mit Gütersloher Kennzeichen zerkratzt. Es ist also genau das Gegenteil passiert. Menschen werden denunziert, verachtet und mit Ausgrenzung bestraft, nur weil sie aus dem Kreis Gütersloh kommen und das in Deutschland! Kein Mensch auf der Welt, so sehe ich das auf jeden Fall, hat diesen Virus initiiert. Der Gütersloher Fall erinnert mich an eine Zeit, die ich Gott sei Dank nicht erlebt habe.

GROHE: Auf Ihrer Webseite ist zu lesen, dass Ihre Entwürfe den Menschen und Ihren Anforderungen genügen sollen. Haben wir in der Architektur den Blick auf den Menschen und seine Bedürfnisse – zumindest zum Teil – verloren? Die Effizienz der Gebäude, ihre Zertifizierung und ihre Vermarktbarkeit scheinen oft im Vordergrund zu stehen. Eröffnet Corona jetzt die Möglichkeit, den Menschen wieder in das Zentrum der Überlegung zu stellen?

Olaf Kitzig: Gute Architektur sollte für den Menschen gemacht werden. Die neuen Anforderungen durch Social Distancing und durch Corona insgesamt werden einen großen Ruck durch die Welt der Gastronomie, Hotellerie und Büros geben. Auch das private Haus bzw. die private Wohnung wird sich verändern, weil der Mensch sich stärker mit seinem Wohnen auseinandergesetzt hat. Es hat eine Sensibilisierung des Umfeldes stattgefunden. Ich persönlich muss allerdings sagen, dass bis auf einige, vielleicht nicht so gelungene Beispiele, die Architektur und vor allen Dingen die Innenarchitektur in den letzten Jahren wesentlich stärker auf den einzelnen Menschen und auf die Gruppen der Benutzer eingegangen ist, als das in der Vergangenheit der Fall war. Es hat durchaus ein Umdenken stattgefunden. Ich bin ein großer Freund der Innenarchitektur, weil das Interior Design immer eine Reflexion der Gesellschaft ist. Also im Rococo hat man so gelebt, wie man eben im Rococo gelebt hat. Deswegen gab es den Rococo oder den Baroque. Wir leben jetzt schon ewig in der Neuzeit, ohne dass wir einen Stil als solchen haben, weil wir den Namen der einzelnen Baustile immer in der Retrospektive gegeben haben. Wir beobachten starke Umbrüche und auf den Menschen zugeschnittene Lösungen mit hoher Aufenthaltsqualität, die zunehmend warm und nicht nur funktional sind.

Verkehrsflächen können durchaus auch Flächen sein, die ein Gebäude entschleunigen, indem man ihnen gleichzeitig noch eine Gestaltung zufügt und an denen der Besucher, der Bewohner oder der Gast partizipiert. Ich glaube, in dem Bereich passiert einiges. Ich kenne sehr viele, sehr positive Beispiele, wo sich die Innenarchitektur auf den User eingestellt hat. Wir starten beispielsweise ein Konzept immer mit einer Bedarfsanalyse. Im Falle Ihres privaten Hauses schauen wir uns an, wie und mit wie vielen Menschen Sie wohnen. Wir müssen wissen, welche Eigenschaften, welche Persönlichkeit und welche Gewohnheiten Sie haben. Dasselbe gilt natürlich auch für den Projektbau im Bereich Hotellerie, Gastronomie oder Büro. Oder auch für ein Krankenhaus.

GROHE: Wir sprechen von den Bedürfnissen der Menschen. Wie haben sich diese im Bereich Innenarchitektur in den letzten Jahren verändert?

Olaf Kitzig: Es sind mehrere Entwicklungen, die Einfluss auf die Innenarchitektur nehmen. Ein großes Thema ist die Vereinsamung in der Gesellschaft. Mit Vereinsamung meine ich nicht, dass wir keinen familiären Bezug mehr zu unserer Generation davor haben. Ich bin bei meiner Großmutter großgeworden, sie wurde 1912 geboren, ich 1971. Da war Ärger vorprogrammiert, aber auch unendlich viel Lernen von einem Menschen, der schon sehr lange auf dieser Welt war.

Heute haben wir kaum noch Generationswohnen. Es gibt natürlich Wohnkomplexe, in denen man im Generationenhaus wohnt, aber das Gros der Massen wohnt allein. Single Haushalte steigen exorbitant. Das bedeutet, man hat zwar sein soziales Umfeld, aber es ist ein anderes soziales Umfeld. Für das Wohnen bedeutet es, dass ich mich einrichte, wie ich bin, ohne dass ich den Einfluss einer anderen Person berücksichtigen muss. Wenn ich viel Zeit allein verbringe, möchte ich es kuscheliger haben, als wenn ich mit anderen Menschen zusammenlebe. Das nächste Thema ist Angst. Ich habe zwei Söhne, einer ist acht und einer vierzehn. Meine Kinder gehören zu den Kindern, die Fernsehen schauen dürfen, allerdings überprüfe ich vorher alles und beobachte damit, was sie sich anschauen. Ein Tabu Thema sind jegliche Art von Informationssendungen über Konflikte in anderen Ländern, über Kriege und Bürgerkriege, über den Klimawandel und andere Religionen. Überall gibt es so viel Aggressionsherde, die Angst schaffen. Diese Angst wird das Wohnen und das räumliche Umfeld verändern. Während in den 80er Jahren häufig eine eher kalte und maskuline Einrichtung vorherrschte, bevorzugt man heute ein leicht abgedimmtes Licht, ein kuscheliges Sofa und schöne warme Farben, um sich damit eine Art eigenen Realismus zu schaffen. Ich schalte den Fernseher aus, schaue in meine Welt und sehe, dass diese Welt nett und farbenfroh ist. Ein weiteres Thema ist das zunehmende Ego der Menschen und der in Teilen sogar schwindende Kollektivgedanke. Das schafft meiner Meinung nach auch Veränderung in der Innenarchitektur. Dieses „ich bin“, „ich kann“, „ich bin das Zentrum“, „ich bin das Wichtigste in meiner Welt“, „ich bin Work-Life-Balance“ verändert auch unser Umfeld in der architektonischen Art und schafft dadurch einen Pool an Kreativität. Das bedeutet, ich habe verschiedene Stile – ob das Shabby Chic oder die coole Avantgarde ist. Sie zusammen schaffen wiederum ein ganzes und bunter gewordenes Bild. Ein weiteres, die Innenarchitektur beeinflussendes Thema ist die Globalisierung der Architektur. Durch die Digitalisierung haben alle Zugang zu denselben Informationen und Bildern. Wenn Sie bei Google beispielsweise „rotes Sofa“, eingeben, dann sehen Sie vermutlich überall auf der Welt dasselbe Sofa, ob Sie nun in New York, Tel Aviv oder in Lippstadt sitzen. Das schöne an unserem Beruf ist, dass wir Menschen mitbegleiten dürfen und sie an neue Dinge heranführen können. Ich denke an einen Privatkunden, dem ich vor vielen Jahren einen Küchenblock schmackhaft machte, an dem man zuschauen kann, wie der andere kocht. Was zunächst einiger Überzeugungsarbeit bedurfte, stößt heute auf Begeisterung, denn wir richten ihm derzeit sein zweites Ferienhaus mit einen Küchenblock ein.

GROHE: Die Hotellerie ist besonders von der Krise betroffen. Wie schätzen Sie die Entwicklung dieser Bautypologie mittel- und langfristig ein? Wird es womöglich mehr kleinere Häuser statt der Großhotels geben?

Olaf Kitzig: Ich bin mir sicher, dass alle Konzepte in der Hotellerie oder in anderen durch uns gestalteten Bereiche, die mit Herz und Seele gemacht werden, auch weiterhin eine Berechtigung haben und existieren werden. Wichtig ist, dass es authentische Konzepte sind, die mit Leben gefüllt sind und den Gast in den Mittelpunkt stellen. Mittlerweile gibt es sehr viele, hochgradig individualisierte Hotelkonzepte, selbst in der Kettenhotellerie. Der Neubau wird voraussichtlich zukünftig ein wenig stärker beäugt werden, weil die Frage der Finanzierung aufkommt. Ich glaube allerdings nicht, dass es einen Stopp in der Renovierung und Modernisierung von Bestandsgebäuden geben wird, hier wird es irgendwann wieder richtig an Fahrt zunehmen, da wir in diesem Bereich noch wirklich sehr viel Bedarf haben. Was die Größe der Hotels anbetrifft, müssen wir zwischen der touristischen und der Business Hotellerie unterscheiden. Ein Hotel muss immer einen wirtschaftlichen Background haben, man braucht einen bestimmten Umsatz und eine bestimmte Größe, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Von daher denke ich, werden wir nach wie vor kleine und große Hotels haben. Ich glaube allerdings, dass das Herzblut im Konzept ein wesentlicher Bestandteil sein wird. Als Gast möchte ich immer das Gefühl haben – sei es in einem kleineren oder großen Hotel –, dass sich jemand Gedanken darüber gemacht hat, wie ich die Tage oder die Woche Urlaub in diesem Haus verlebe. Ein Hotel muss Spaß machen und bestmöglich neue Horizonte eröffnen. Ein zu beobachtender Trend ist: Während die Hotellerie jahrelang der Privateinrichtung hinterherlief, haben wir mittlerweile den Umkehrschluss. Heute ist es so, dass das Hotel im besten Falle eine Richtlinie darstellt und die Gäste auch zu Hause so leben möchten. Der Kunde wird lieblose, nicht detaillierte und nicht mit der Zeit gehende Hotels automatisch aussortieren und sie nicht mehr buchen. Selbst im unteren Segment der Hotellerie sind wir ja heute stylisch unterwegs. Ich vermute, dass der Wettbewerb noch härter wird, als er sowieso schon war. Darin liegen aber meiner Meinung nach sehr viel Möglichkeiten und Chancen.

GROHE: Die Hotellerie hat sich bislang mit den Themen Gesundheit und Wellness, Office, Retail und – durch die Longstay Hotels – auch mit dem Wohnen vernetzt. Wird es noch weitere Ansätze mit neuen Funktionen geben?

Olaf Kitzig: Ich gehe stark davon aus. Wir befinden uns in einer permanenten Entwicklung und einem permanenten Wachstum und in einem immer wieder neu erfindenden Zyklus. Die Hotellerie ist für mich einer der Bereiche, der sich sehr intensiv verändert hat. Sie haben heute einen Spa, Sie haben Office Bereiche – Co-Working ist ein großes Thema – und auch Retail wird immer interessanter. Ich schlug einem Kunden vor einigen Jahren vor, im Bereich der Lobby mit einem Textil Damenoberbekleidungskonzept und einem Blumenladen zu kooperieren. Er hat mich fast rausgeworfen. Heute ist der multifunktionale Ansatz gefragter denn je. Der Gedanke, dass ich in einem Hotel Casual Dining habe, dass ich eine Kitchenette im Zimmer vorfinde und mich selbst verpflegen kann, dass ich meine Jeanshose selber wasche oder zum Wäscheservice gebe, dass ich mir meine Haare schneiden lassen kann und mir eine Anwendung gönne oder die Sauna besuche, dieses Package drum herum wird immer stärker wachsen. Ich glaube, dass die Individualisierung der Bedürfnisse noch stärker Einzug in die Hotellerie hält.

GROHE: Wie beurteilen Sie die deutsche Hotellerie im internationalen Vergleich?

Olaf Kitzig: Wir haben mit meinem Unternehmen in ungefähr 30 Ländern gebaut. Wenn man Hotels international vergleicht, muss man natürlich das unterschiedliche Klima, die unterschiedliche Umgebung, die anderen Menschen und den anderen Lifestyle berücksichtigen. Wenn ich beispielsweise in einer gechillten Atmosphäre in einem Hotel in Miami Beach sitze, dann wird es mir schwerfallen, etwas Vergleichbares hier bei uns zu finden, weil wir eben den Beach beispielsweise nicht haben. Wir in Deutschland haben in der Hotellerie eher eine lokale Architektur, sie hat sicher noch ein Nachholpotenzial, aber mittlerweile gibt es sehr, sehr viel, sehr schöne Beispiele für liebevolle Hotelbetriebe, sowohl in der Familien- wie auch in der Kettenhotellerie. Ich finde, die deutsche Hotellerie ist wesentlich innovativer geworden, weil der Markt auch stärker umkämpft ist. Da ausländische Hotelketten sich den Markt in Deutschland zu Eigen gemacht und permanent Hotels gebaut haben, ist der Druck gewachsen und hat meiner Meinung nach tolle Brands hervorgebracht. Deutschland baut aus meiner Sicht nach wie vor mit dem höchsten Standard an Architektur, Innenarchitektur und an Handwerk. Die schlecht gestrichene Wand Ihres Balkons im Hotel in Tel Aviv nehmen Sie nicht so ernst, mit einer schlecht gestrichenen Wand möchten Sie in München aber nicht leben. In Tel Aviv gehört es zum Lifestyle, zum Laissez-faire. Wenn ich mich in einem schönen Hotel in Rom aufhalte, wo die Fassade ein wenig schröppelig und ein bisschen old ist, dann finde ich das cool, weil das der Style und das Feeling der Stadt ist. Wenn ich vor einer historischen Fassade in Hamburg oder in München stehe, dann möchte ich das gefälligst gescheit sauber haben.

GROHE: Sie sind mit dem Schloss Roxburghe für den deutschen Design Award 2021 nominiert. Was zeichnet dieses Projekt aus?

Olaf Kitzig: Schloss Roxburghe von 12.18. Investment Management – ungefähr eine Stunde von Edinburgh entfernt – befindet sich in einem historisch gelisteten Gebäude. Das alte Herrenhaus bekommt im 2. Bauabschnitt jetzt noch einen Anbau mit nochmals 60 Zimmern dazu. Das Hotel ist von uns mit unglaublich viel Liebe zum Detail entworfen worden. Wir haben beispielsweise 67 verschiedene Stoffe bei 25 Zimmern eingesetzt. Das Interior besticht durch einen Mix aus Historie und Moderne. Ich habe mich sehr über die Nominierung gefreut, es ist für uns ein besonders spannendes Projekt und hat irre viel Spaß gemacht.

GROHE DIGITAL
Ausgabe 10/2020
Ort Porta Westfalica, Deutschland
Verlag https://www.grohe.de/

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DAS JAGDSCHLOSS AM FLUSS DER LACHSE

„Welcome to Nature“ lautet das Motto des von deutschen Eigentümern geführten Schloss Roxburghe Hotel & Golf Course im Süden Schottlands. Das viktorianische Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert vereint Gastlichkeit und Outdoor- Erlebnisse auf höchstem Niveau.

„Trockene Füße fangen keine Fische“: Gemäß dieser schottischen Weisheit wagen wir uns an einem kühlen Herbsttag in das eiskalte, aber glasklare Wasser des Teviot River, inmitten der Region Scottish Borders. Nur wenige Kilometer entfernt vereinen sich Teviot und Tweed River, Großbritanniens lachsreichster Fluss.

Was bei Fliegenfischer Eoin Fairgrieve so mühelos erscheint, bedarf Geschick und Erfahrung. Die präzise Technik will gelernt sein, andernfalls verhelfen auch nasse Füße nicht zum gewünschten Angelerfolg. Dank Fairgrieves Unterstützung gelingt er uns doch, sodass einer der begehrten atlantischen Lachse an unserer Rute zappelt. Zufrieden treten wir den Rückweg zu unserem nur wenige Minuten entfernten Refugium, dem noblen Schloss Roxburghe, an. Der Gastgeber des Hauses begrüßt uns mit einem breiten Lächeln und honoriert unseren Angelerfolg wohlwollend. Seit Februar ist Harry Fernandes als General Manager für das Haus tätig, nur kurze Zeit später musste er es auf Anordnung der britischen Regierung schließen. Im Juli folgte die Wiedereröffnung. Der gebürtige Inder, der bereits das Balmoral Hotel in Edinburgh führte, in dem die Autorin Joanne K. Rowling einige Abenteuer des Zauberlehrlings Harry Potter niederschrieb, bleibt optimistisch: „Unsere Ländereien erstrecken sich über mehr als hundert Hektar, sodass unsere Gäste viel Freiraum und beste Bedingungen für einen erholsamen und sicheren Urlaub in der Natur haben, ohne auf Komfort verzichten zu müssen.“

Fernandes‘ neue Wirkungsstätte steht dem ehrwürdigen Balmoral in nichts nach, wenngleich es trotz seines altehrwürdigen Erscheinungsbildes eher ein Newcomer in der britischen Hotellandschaft ist.

Im Jahr 2018 von der Düsseldorfer 12.18. Unternehmensgruppe übernommen, präsentiert es sich seit der vollständigen Revitalisierung in neuem Gewand – und wurde im Eröffnungsjahr 2019 sogleich vom renommierten Londoner Blatt Sunday Times zu den „Best Places to stay“ gekürt.

Wo einst der Duke of Roxburghe Jagdgäste hofierte, befinden sich nun 20 stilvoll eingerichtete Zimmer und Suiten – jede mit individuellem Design. Der Reichtum an Details überwältigt: Von edlem Stuck und bebilderten Tapeten, über kunstvoll bemalte Vasen bis hin zu fein gearbeiteten Holzfiguren. All das kreiert eine einladende und behagliche, aber stets stilvolle Atmosphäre – fast so, als bewohne der adelige Hausherr das Anwesen noch immer. Hierzu tragen auch einige echte „Schätze“ des Duke bei: So handelt es sich bei dem historischen Bücherbestand in der Bar 1745 um Leihgaben seiner Durchlaucht, weiters zieren überdimensionale Ölgemälde der blaublütigen Vorfahren den in kräftigem königsblau gehaltenen Treppenaufgang. Erdacht hat das Designkonzept der Lippstadter Interior-Designer Olaf Kitzig, der auch anderen Hotels der 12.18. Unternehmensgruppe ihren unverwechselbaren Charakter verlieh. Wer hier verweilt, beginnt die britische Vorliebe für die obligatorische Tea Time zu schätzen.

Während das in der Feuerstelle knisternde Tannenholz unsere durchgefrorenen Körper auftauen lässt, sind es der liebevoll zubereitete Earl Grey- Tee und die mannigfachen Köstlichkeiten im Miniaturformat, welche die Seele wärmen: Kleine Sandwiches mit schottischem Wildlachs, herzhaft gefüllte Pasteten, aufwendig verzierte Windbeutel mit süßem und deftigem Inhalt, filigrane Macarons und das ofenwarme Scones-Gebäck mit Clotted Cream präsentieren sich auf der Etagere vor uns und widerlegen eindeutig das Vorurteil von der mangelnden Esskultur der Briten. Gleiches gilt für die Küche des hauseigenen Restaurants „Sunlaws“. Verantwortlich für das kulinarische Konzept von Schloss Roxburghe ist der Franzose Jacques-Olivier Borja, der es versteht, kräftige Geschmacksnoten mit feinen Aromen zu umspielen. „Wir möchten die eher als rustikal geltende schottische Küche auf ein neues Niveau heben und ihr Frische und Eleganz verleihen“, erläutert der 47-Jährige seine Philosophie. Zugute kommt ihm die im vergangenen Jahr initiierte Landwirtschaft auf dem weitläufigen Gelände des Anwesens: „Ob Kopfsalat, rote Beete oder knackige Äpfel – wir verwenden, was die raue Natur der Borders uns schenkt“, schmunzelt Borja.

Um die üppigen Kalorien der zurückliegenden Schlemmerei abzubauen, bietet sich eine der zahlreichen weiteren Outdoor-Aktivitäten an. Selbstredend darf im Mutterland des Golfsports ein exzellenter 18-Loch- Platz nicht fehlen, welcher am darauffolgenden Tag von uns in Augenschein genommen wird. Mit dem Championship Golf Course hat der renommierte Golfplatz-Architekt Dave Thomas einen abwechslungsreichen Parcours entworfen, der den natürlichen Konturen alter Buchenwälder folgt und beeindruckende Sichtachsen inmitten der hügeligen Landschaft zeichnet.

Neben weiteren klassischen Sportarten wie Yoga, Reiten oder Mountainbiken, die das Hotelteam auf Anfrage gerne organisiert, bietet die Roxburghe Shooting-School unter der Leitung von Tracy Ferguson ungewöhnliche Angebote. Da fliegen Tontauben blitzschnell durch die Luft, die es mit dem entsprechenden Gewehr zu treffen gilt, wirbeln Tomahawks um die eigene Achse und schnellen Pfeile der Zielscheibe entgegen. Unser Fazit nach der Probestunde: herausfordernd, aber durchaus eine unterhaltsame Betätigung mit hohem Spaßfaktor. Für passionierte Waidmänner- und frauen beginnt im Herbst zudem die Jagdzeit, für die Ferguson gemeinsam mit Schloss Roxburghe maßgefertigte Arrangements erstellt.

Nicht nur die anstehende Jagdsaison lassen General Manager Fernandes und sein Team mit Vorfreude in die Zukunft blicken: Auf der rückwertigen Seite entsteht derzeit ein separates Gebäude, das neben weiteren Zimmern einen modernen Spa-Bereich, ein zweites Restaurant und zusätzliche Tagungsräumlichkeiten vorhalten soll. Bereits im kommenden Juni soll das Gebäude fertiggestellt werden. Künftig sollen sich außerdem dutzende pittoreske Cottages in die Landschaft schmiegen, welche ebenfalls an Urlaubsgäste vermietet werden. Große Pläne also für das Hotel, das bereits jetzt mit seinem Angebot und erstklassigem Service punkten kann. Mit einem besonderen Abschiedsgruß des General Managers reisen wir ab: „Mögen deine Schornsteine lange rauchen“ 7 der schottische Wunsch für ein langes, zufriedenes Leben. Dass die Vielen Schlote von Schloss Roxburghe stets rauchen mögen, das wünschen wir auch unseren Gastgebern für die Zukunft!

Top Magazin Ruhr
Ausgabe 3 2020
Ort Oberhausen
Verlag https://www.top-magazin.de/ruhr/

Seele und Herzblut – die DNA des Projekts

Seele und Herzblut – die DNA des Projekts

Zeit seines Lebens faszinieren Olaf Kitzig Gestaltung und Kreativität. Ursprünglich aus dem Handwerk kommend, arbeitete er zunächst als Einrichtungsfachberater, bevor er sich seiner wahren Passion widmete: dem Interior Design. Nach Lehrjahren in Köln und London gründete er sein eigenes Unternehmen als One-Man-Show – und startete durch. Heute, 22 Jahre später, ist die Kitzig Design Studios GmbH & Co. KG international unterwegs und die Leidenschaft des Gründers und Geschäftsführers für seinen Beruf ungebrochen. Mit Wirtschaftsforum sprach er über den Mut, Neues zu wagen, die Notwendigkeit innovativen Denkens und das produktive Miteinander von Menschen aus verschiedenen Kulturen.

Wirtschaftsforum: Herr Kitzig, jede Unternehmensgründung ist ja erstmal ein Sprung ins kalte Wasser; man muss das wirklich wollen. Wie war das bei Ihnen?

Olaf Kitzig: Ich habe mich unter anderem deshalb selbstständig gemacht, weil ich mein eigener Chef sein wollte. Inzwischen denke ich, dass ich mit dieser Einschätzung damals falsch lag, denn heute habe ich nicht nur einen Chef, sondern ungefähr 180, da ich jeden Bauherren als Kollegen behandle (lacht). Aber im Ernst, man muss mutig sein und auch ein bisschen naiv … wenn ich damals gewusst hätte, was da alles auf mich zukommt, an Verantwortung und manchmal auch an Schwierigkeiten, wer weiß, ob ich es tatsächlich durchgezogen hätte. Allerdings bin ich sehr glücklich in meinem Beruf, er ist wirklich meine Leidenschaft und ich würde das gar nicht anders wollen.

Wirtschaftsforum: Das muss wahrscheinlich auch so sein, wenn man Erfolg haben will, und der Ihres Unternehmens ist dafür tatsächlich das beste Beispiel: Seit etlichen Jahren setzen Sie als Unternehmensgruppe verschiedenste, viel beachtete Design- und Architekturprojekte auf der ganzen Welt um. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Olaf Kitzig: Vom ersten Tag an habe ich daran geglaubt, dass es der richtige Weg ist, überregional zu arbeiten. Also kein stationärer Standort, kein stationärer Handel, sondern ein bewegbares Office, das zum Kunden geht – und nicht umgekehrt. Auf diesem Grundgedanken fußt heute noch das ganze Unternehmen. Damals bin ich dafür ausgelacht worden, heute haben wir Projekte von Hamburg über Hongkong bis New York. Das ist auch deshalb möglich, weil wir mit den unterschiedlichen Unternehmen, die zur Gruppe gehören – Kitzig Interior Design, Kitzig Identities und Kitzig Details – die ganze Bandbreite in den verschiedensten Sparten von Interior Design, Architektur, Branding und Produktdesign abdecken. Aber es gibt daneben noch etwas anderes: eine hohe Flexibilität und die Lust auf Neues. Man muss sich immer wieder neu auf den Markt einstellen, innovativ und kreativ denken. Das darf man nie verlieren, und ich habe es auch nie verloren.

Wirtschaftsforum: Wie arbeiten die einzelnen Unternehmen der Kitzig Design Studios? Macht da jeder sein eigenes Ding, oder gibt es für die Projekte einen gemeinsamen ‘Fahrplan’?

Olaf Kitzig: Alle Unternehmen der Kitzig Design Studios arbeiten einerseits eigenständig, andererseits aber auch zusammen. Wir starten ein Projekt nicht mehr gleich mit Architektur, sondern zuerst einmal mit einem Kick-off-Meeting und einer Informationsrunde zur Bedarfsanalyse, um herauszufinden, wohin die Reise eigentlich gehen soll. Es geht um Storytelling, um das Finden von Assoziationen zu einem Projekt. Nur so ist es möglich, ihm eine Seele zu verleihen, eine ganz spezifische Prägung, eine eigene DNA. Und genau das merkt auch der Kunde: ob nämlich Herzblut darin steckt oder nicht.

Wirtschaftsforum: An welche Projekte denken Sie besonders gern zurück?

Olaf Kitzig: Eigentlich bin ich auf wirklich jedes einzelne Projekt stolz, egal, ob es ein Friseursalon in Lippstadt oder ein Hotel in New York ist. Ich finde es aber spannend, wenn ein Projekt mal so richtig aus der Reihe fällt, also nichts mit Hotellerie, Gastronomie oder Retail zu tun hat. So war das zum Beispiel beim Infostand 4.0 der Deutschen Bahn. Wir machen auch viel Officeplanung; hier befruchten sich die einzelnen Bereiche gegenseitig und das ist dann ein sehr schönes, kreatives Arbeiten.

Wirtschaftsforum: Was würden Sie als ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb bezeichnen?

Olaf Kitzig: Etwas wirklich Tolles ist bei uns die starke Verbundenheit zu unseren Kunden. Langfristige Kundenbeziehungen zeichnen uns aus. Mit der Inhaberfamilie der GOP Varieté Entertainment Group arbeiten wir zum Beispiel bereits in der dritten Generation zusammen. Dieses Miteinander pflegen wir auch intern. Wir haben sehr flache Hierarchien und auch eine große Vielfalt an verschiedenen Menschen: sechs Nationalitäten, neun Sprachen, drei Religionen. Das bringt Dynamik und Austausch, viele unterschiedliche Perspektiven – eine unglaubliche Breite an Diskussions- und Zündstoff, aber auch ein Ergebnis!

Wirtschaftsforum: Was sehen Sie für Ihr Unternehmen, wenn Sie in die Zukunft blicken?

Olaf Kitzig: Die Herausforderung ist immer, sich auf das einzustellen, was einen erwartet. Es war schon immer unsere Zielsetzung, ein gesundes Wachstum zu haben. Durch die Corona-Krise sortiert sich derzeit alles neu. Wirtschaftlich möchten wir an allen Standorten festhalten: Lippstadt, Bochum, Düsseldorf und München. Es ist auch ein Standort in Berlin im Gespräch. Was wir noch mehr in den Fokus stellen wollen, ist das Ganzheitliche. Ich hoffe auf eine noch stärkere Individualisierung der Konzepte und darauf, dass wir immer noch mehr aus dem Mainstream herausbrechen werden und auch weiterhin den Mut behalten querzudenken.

wirtschaftsforum
Ausgabe 2020
Ort Rheine, Germany
Verlag https://www.wirtschaftsforum.de/