Wirtschaftsforum: Herr Kitzig, jede Unternehmensgründung ist ja erstmal ein Sprung ins kalte Wasser; man muss das wirklich wollen. Wie war das bei Ihnen?
Olaf Kitzig: Ich habe mich unter anderem deshalb selbstständig gemacht, weil ich mein eigener Chef sein wollte. Inzwischen denke ich, dass ich mit dieser Einschätzung damals falsch lag, denn heute habe ich nicht nur einen Chef, sondern ungefähr 180, da ich jeden Bauherren als Kollegen behandle (lacht). Aber im Ernst, man muss mutig sein und auch ein bisschen naiv … wenn ich damals gewusst hätte, was da alles auf mich zukommt, an Verantwortung und manchmal auch an Schwierigkeiten, wer weiß, ob ich es tatsächlich durchgezogen hätte. Allerdings bin ich sehr glücklich in meinem Beruf, er ist wirklich meine Leidenschaft und ich würde das gar nicht anders wollen.
Wirtschaftsforum: Das muss wahrscheinlich auch so sein, wenn man Erfolg haben will, und der Ihres Unternehmens ist dafür tatsächlich das beste Beispiel: Seit etlichen Jahren setzen Sie als Unternehmensgruppe verschiedenste, viel beachtete Design- und Architekturprojekte auf der ganzen Welt um. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Olaf Kitzig: Vom ersten Tag an habe ich daran geglaubt, dass es der richtige Weg ist, überregional zu arbeiten. Also kein stationärer Standort, kein stationärer Handel, sondern ein bewegbares Office, das zum Kunden geht – und nicht umgekehrt. Auf diesem Grundgedanken fußt heute noch das ganze Unternehmen. Damals bin ich dafür ausgelacht worden, heute haben wir Projekte von Hamburg über Hongkong bis New York. Das ist auch deshalb möglich, weil wir mit den unterschiedlichen Unternehmen, die zur Gruppe gehören – Kitzig Interior Design, Kitzig Identities und Kitzig Details – die ganze Bandbreite in den verschiedensten Sparten von Interior Design, Architektur, Branding und Produktdesign abdecken. Aber es gibt daneben noch etwas anderes: eine hohe Flexibilität und die Lust auf Neues. Man muss sich immer wieder neu auf den Markt einstellen, innovativ und kreativ denken. Das darf man nie verlieren, und ich habe es auch nie verloren.
Wirtschaftsforum: Wie arbeiten die einzelnen Unternehmen der Kitzig Design Studios? Macht da jeder sein eigenes Ding, oder gibt es für die Projekte einen gemeinsamen ‘Fahrplan’?
Olaf Kitzig: Alle Unternehmen der Kitzig Design Studios arbeiten einerseits eigenständig, andererseits aber auch zusammen. Wir starten ein Projekt nicht mehr gleich mit Architektur, sondern zuerst einmal mit einem Kick-off-Meeting und einer Informationsrunde zur Bedarfsanalyse, um herauszufinden, wohin die Reise eigentlich gehen soll. Es geht um Storytelling, um das Finden von Assoziationen zu einem Projekt. Nur so ist es möglich, ihm eine Seele zu verleihen, eine ganz spezifische Prägung, eine eigene DNA. Und genau das merkt auch der Kunde: ob nämlich Herzblut darin steckt oder nicht.
Wirtschaftsforum: An welche Projekte denken Sie besonders gern zurück?
Olaf Kitzig: Eigentlich bin ich auf wirklich jedes einzelne Projekt stolz, egal, ob es ein Friseursalon in Lippstadt oder ein Hotel in New York ist. Ich finde es aber spannend, wenn ein Projekt mal so richtig aus der Reihe fällt, also nichts mit Hotellerie, Gastronomie oder Retail zu tun hat. So war das zum Beispiel beim Infostand 4.0 der Deutschen Bahn. Wir machen auch viel Officeplanung; hier befruchten sich die einzelnen Bereiche gegenseitig und das ist dann ein sehr schönes, kreatives Arbeiten.
Wirtschaftsforum: Was würden Sie als ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb bezeichnen?
Olaf Kitzig: Etwas wirklich Tolles ist bei uns die starke Verbundenheit zu unseren Kunden. Langfristige Kundenbeziehungen zeichnen uns aus. Mit der Inhaberfamilie der GOP Varieté Entertainment Group arbeiten wir zum Beispiel bereits in der dritten Generation zusammen. Dieses Miteinander pflegen wir auch intern. Wir haben sehr flache Hierarchien und auch eine große Vielfalt an verschiedenen Menschen: sechs Nationalitäten, neun Sprachen, drei Religionen. Das bringt Dynamik und Austausch, viele unterschiedliche Perspektiven – eine unglaubliche Breite an Diskussions- und Zündstoff, aber auch ein Ergebnis!
Wirtschaftsforum: Was sehen Sie für Ihr Unternehmen, wenn Sie in die Zukunft blicken?
Olaf Kitzig: Die Herausforderung ist immer, sich auf das einzustellen, was einen erwartet. Es war schon immer unsere Zielsetzung, ein gesundes Wachstum zu haben. Durch die Corona-Krise sortiert sich derzeit alles neu. Wirtschaftlich möchten wir an allen Standorten festhalten: Lippstadt, Bochum, Düsseldorf und München. Es ist auch ein Standort in Berlin im Gespräch. Was wir noch mehr in den Fokus stellen wollen, ist das Ganzheitliche. Ich hoffe auf eine noch stärkere Individualisierung der Konzepte und darauf, dass wir immer noch mehr aus dem Mainstream herausbrechen werden und auch weiterhin den Mut behalten querzudenken.