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IM GESPRÄCH MIT

OLAF KITZIG

Mit seinem Team hat er über 200 Küchen gestaltet. Im Fokus eines jeden Projekts steht dabei immer die Balance zwischen Funktion, Ästhetik und Individualität. Was auch immer Kitzig entwirft, muss zu den Menschen und ihren individuellen Ansprüchen passen.

Am Anfang stehen viele Fragen, eine Art Bedarfsanalyse: Wo soll die Küche hin, wie ist sie ausgerichtet und wie viele Personen wohnen überhaupt im Haus? Wird gerne gekocht? Wie viel Wert legen die Menschen auf Ernährung? Und wie steht es mit Geselligkeit? Kitzig geht es um das „allgemeine Mindset“, das sich beim Kochen und folglich in der Raumgestaltung niederschlägt.


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Da werden aus einer Frage gern 20 neue, sagt der Gestalter. Er fährt fort: „Wir planen maßgeschneiderte Küchen. Und zwar immer im Kontext“. Das geht nicht, ohne einen Draht zu Menschen zu haben. Sein Türöffner zu den Wünschen und Vorstellungen seiner Kunden ist eine Bitte: „Erzählen Sie mir doch mal, wie Ihre Traumküche aussehen würde“, lockt Kitzig, überzeugt, dass sich daraus alles andere ableiten lässt. Sein Masterplan setzt bei den Wünschen an und übersetzt sie in die Realität.

Wenn jemand meint, goldene Wasserhähne wären toll vor einer elfenbeinfarbenen Wand? „Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten“, gibt Kitzig zurück. Das höre sich erstmal schreiend an mit Gold, mit Elfenbein, „aber je nachdem, wo die Küche steht, beispielsweise in einem alten Landhaus in Schottland, kann das schon wieder sexy sein. Wenn das Gold nicht hochglanzpoliert ist, sondern wirkt wie antikes Messing, kann die Armatur richtig gut sein.“ Doch in erster Linie muss eine Küche funktionieren. Da gibt es kein Pardon.

NATÜRLICHE MATERIALIEN

Kitzig hat viele Trends kommen und gehen sehen. Doch Naturstein ist für ihn aus der modernen Kochwelt nicht mehr wegzudenken. Auch Holz feiere ein Comeback, wenn er nur an die letzte Mailänder Möbelmesse denke. „Holz kommt wieder. Definitiv. Und auch Semitransparenz ist weiter auf dem Vormarsch.“ Eine Villa in Frankfurt zeigt Kitzigs Ansatz, Naturstoffe in eine Symphonie einzubinden, ein begehbares Klangstück aus Holz, Leder, Leinen, Marmor und Naturstein. Das funktioniert über Kontrapunkte. „Holzoberflächen sorgen für ein wohnliches Ambiente, während raue Steinoberflächen eine entspannte Rustikalität vermitteln.“ Die Naturstein-Arbeitsplatte ist 6 cm stark. Um ihren monolithischen Charakter zu bewahren, wurden die Spülbecken aus einem Stück gefertigt. „Holz und Stein hingegen verleihen minimalistisch gestalteten Küchen Tiefe“, sagt der Interiordesigner, der auch gerne mal eine Kombination aus Marmor, Beton und Edelstahl einsetzt. Sofort springt die von Edelstahl gerahmte, fast raumhohe Marmorwand ins Auge. Für Kitzig geradezu ein Beweis seiner These der anregenden Kontraste. Die Küche ist 6,40 m hoch. Als Pendant dient ein kreisförmiges Glas am Boden, das den Blick auf den Weinkeller darunter lenkt. Der Weinkühlschrank, lange Inbegriff von Geschmack und Status, hat für ihn ausgedient. Entweder geht man in den Keller oder greift zum Weinschrank, der aber hermetisch geschlossen ist.

Der Planer weiß, dass es zu jedem Trend einen Gegentrend gibt. Aber eines ist für ihn sicher: Die Küche werde so lange Bestand haben, wie sie einen Platz bietet, in dem sich Menschen wohlfühlen. „Sie funktioniert als Lebensraum, weil wir auch immer kleinere Wohnungen haben. Und sie wird noch ein Stück funktionaler.“

GEFRAGT IST DAS BESONDERE

Wo findet Olaf Kitzig Anregungen für seine nächsten Projekte? Der Planer sinniert einen Augenblick. Natürlich könne auch er sich nicht von Trends freimachen. Das fange bei der Farbgebung an und ende bei Möbeln. Ideen sucht er nicht etwa auf den einschlägigen Messen, sondern in der Kunst und in der Mode. Was einmal auf dem Laufsteg war, findet seinen Weg auch in unsere Lebenswelt. Denn die Anforderungen an das Einzigartige und Besondere steigen immer weiter. Da hilft auch kein Internet „Zehn schöne Modelle aus dem Netz ergeben noch lange kein stimmiges Ganzes“.

Die Küche ist nicht mehr der abgeschiedene Raum neben dem Wohnzimmer oder dem Esszimmer, sie ist Mittelpunkt des Wohnens und begleite unsere Esskultur. Kitzig beschreibt den Extremfall einer Familie mit zwei Kühlschränken, einer nur für veganes Essen, das partout nicht mit Fleischprodukten gemischt werden sollte. Dazu kamen verschiedene Pfannen: solche für Fleisch und Fisch und solche für vegetarische Gerichte. Alles haarklein geordnet. Auch deshalb fragt er genau nach, was das kulinarische Zentrum des Hauses denn leisten soll. „Wie wichtig ist morgens der Espresso? Brauchen Sie was zum Stehen? Oder was zum Sitzen?“ Sein Credo: „Die Herausforderung ist nicht der Raum und auch nicht unbedingt das Budget. Sondern die Kunden selbst, ihre Vorstellungen und Träume.“ Der wahre Luxus, das ist neben dem Essen und den Gesprächen ausreichend Raum. Und viel Tageslicht.

Was reizt ihn noch nach über 200 Projekten? „Dieser aktive Part“, antwortet er. „Eine Küche steckt voller Aktion. Hier können Sie kochen, schneiden und reden. Und eben diese Kombination aus Kochen, Anrichten und Genießen macht aus dem Raum etwas, das Anspruch hat und Spaß macht.“ Dafür entwickelt er mindestens zwei Lichtszenarien: gerichtetes Licht zum Arbeiten und ein AmbienteLicht, bei dem „alle wunderbar essen können.“ Licht ist bei der Küchenplanung ein häufig übersehener, aber entscheidender Faktor.

Anspruchsvolle Planung setzt auf Funktionalität. „Stimmige Abläufe sind das Nonplusultra“, so Kitzig: „Die Spülmaschine steht dort, wo auch das Geschirr eingeräumt wird. Und sie ist auf halber Höhe, dass sich niemand stark bücken muss.“

Abläufe entscheiden für ihn darüber, ob eine Küche zum Lieblingsort wird: Pfannen stecken in einem Vollauszug, die dann vom Herd zum Spülbecken und in die Spülmaschine wandern.

Dazu kommen passende Materialien: So funktionieren horizontale Lackflächen nicht, weil sie zerkratzen. Glasoberflächen oder hochglanzpolierter Edelstahl sind schwierige Materialien, wenn etwas auch nach Jahren noch gut aussehen soll.

Hochwertige oder ausgefallene Werkstoffe sind kein Selbstzweck. Die eigentliche Aufgabe besteht darin, sie gegenüberzustellen, ohne Abstriche bei der Funktionalität.

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md — INTERIOR | DESIGN | ARCHITECTURE
Sonderausgabe Küche September 2024
Ort Stuttgart, Deutschland
Verlag Konradin Medien GmbH